Christian Lindner steht nicht im Ruf, ein glühender Kirchenfreund zu sein. Von einer christlich-jüdischen Tradition als Leitkultur-Ersatz hält er in einem kosmopolitischen Deutschland bekanntlich wenig. Jüngst forderte der FDP-Generalsekretär eine "republikanische Offensive" und als neues Bindemittel für die bunte bundesrepublikanische Gesellschaft eine aufgeputzte Form des Verfassungspatriotismus. Nun ließ Lindner kurz vor dem zum liberalen D-Day überhöhten Dreikönigstreffen in Stuttgart abermals einen republikanischen Versuchsballon fliegen – und wieder war die Kritik heftig.
Christian Lindner dachte dabei laut über Sinn, Zweck und Zukunft der Kirchensteuer nach: "Ich finde die Forderung des Theologen Friedrich Wilhelm Graf nach einem Religionsverfassungsrecht beachtlich", sagte er der Zeit-Beilage Christ und Welt, "weil so religiöse Bekenntnisse ohne exklusive Bevorzugung gefördert werden können". Denke man das "konsequent", "dann könnte der Staat irgendwann bei Muslimen ein Pendant zur Kirchensteuer einziehen und einen staatlichen Religionsunterricht sicherstellen".
Auch eine Diskussion über die staatliche Kompensations-Zahlungen für Enteignungen in vergangenen Jahrhunderten dürfe heute kein Tabu mehr sein, fuhr Lindner fort: "Eine nüchterne Debatte über das Staatskirchenrecht ist kein antiklerikaler Affekt. Nach mehr als zweihundert Jahren dürfen Regelungen und Zahlungen hinterfragt werden. Es muss zudem besprochen werden, welche Privilegien auch andere Religionsgemeinschaften irgendwann in Anspruch nehmen dürfen.“
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-01/fdp-lindner-kirchensteuer